Ziel des Sommerferienprogramms 2019: Der Gedenkort „Hotel Silber“ in Stuttgart
Am Samstag, den 27.07.2019, machten sich Jugendliche aus Vaihingen mit ihren Betreuern auf den Weg nach Stuttgart, um den Gedenkort „Hotel Silber“ kennenzulernen. Sie erfuhren schon bei der Betrachtung der Außenfassade mit Slogans wie „Denunziation“, „Mut“, „Unterdrückung“, dass es sich bei dem ehemaligen Hotel um eine besondere Einrichtung gehandelt haben musste: Ab 1928 bereits Zentrale Behörde für die Landespolizei, dann nach und nach von der Geheimen Staatspolizei Württemberg übernommen, wurde es nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst wieder Polizeidienststelle. Heute befindet sich dort, nachdem der Abriss verhindert werden konnte, in der einen Gebäudehälfte ein Gedenkort.
Wir betraten also eine ehemalige Gestapo-Leitstelle und erfuhren, dass alle Menschen, die nicht in das Bild der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ passten, hier erfasst, eingesperrt und/oder verhört wurden. Sie unter die Kontrolle der NSDAP zu bringen – und sei es mit Gewalt – führte zu Mordfällen, zu Überstellungen in Konzentrationslager und zur Organisation von Deportationen und Planung und Durchführung von Massenmorden an den jüdisch Gläubigen und Sinti und Roma. Mit der Nennung vom „Hotel Silber“ war blanker Schrecken verbunden!
Mit Head-Sets machten sich die Teilnehmer auf den Weg, um sich aus dem ungeheuer großen Angebot Informationen auszuwählen. Beispielsweise sah man den Gestapo-Beamten Alfred Hagenlocher abgebildet in der familiären Idylle eines Fotoalbums, daneben seine Aussagen vor der Spruchkammer im Entnazifizierungsverfahren. Er hatte nachweislich mit Vernichtungsaufträgen der Einsatzkommandos in Osteuropa zu tun.
Marlies Beitz von der Initiative „Gedenkort Silber“ las aus den Erinnerungen der Kommunistin Lina Haag und berichtete vom jugendlichen Übermut des Hans Gasparitsch, der als Mitglied einer antifaschistischen Jugendgruppe „HITLER=KRIEG“ auf den Sockel einer Skulptur im Stuttgarter Schlossgarten gemalt hatte und nach seiner Verhaftung bis zum Ende des Dritten Reiches in Konzentrationslagern verschwunden war.
Das freundliche Team der Gedenkstätte entließ uns danach in einen Arbeitsraum, versorgte uns mit Getränken und ließ uns erste pädagogisch aufbereitete Materialien zukommen: So konnten wir uns mit dem Schicksal eines jüdischen Schuljungen aus Stuttgart befassen, der die zunehmende Einschränkung und Bedrohung seines Lebens im Nazi-Deutschland beschrieb und nach der Reichspogromnacht 1938 glücklicherweise noch in die USA emigrieren konnte.
Abschließend las die Gruppe in den weißen Katakomben des Gedenkortes die Schilderungen aus dem Bericht „Zwerland“ der Lehrerin Lena Schaible, geborene Auweder vor. Sie unterrichtete an der Schloßberg-Schule Vaihingen. Wegen angeblicher Kontakte zu Zwangsarbeitern musste sie die Schrecken der Verhöre und die Gehirnwäsche mit dem Aufsagen der Rassenhierarchie im „Hotel Silber“ über sich ergehen lassen. Dabei wurde sie massiv geschlagen und bedroht.
Die Teilnehmer betonten, dass sie vor allem die Einzelschicksale beeindruckt und erschüttert haben. Sie äußerten die Hoffnung, dass so etwas nie wieder passiert!