Vortrag: Jules Schelvis und die „Fotos aus Sobibor“
Der wissenschaftliche Leiter der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart Martin Cüppers präsentierte am Mittwoch in der Gedenkstätte Vaihingen/Enz einen einzigartigen Quellenfund zur Geschichte der Schoah im von Deutschland besetzten Polen. Die im Band „Fotos aus Sobibor“ publizierten und akribisch kontextualisierten Bilder des stellvertretenden Lagerkommandanten Johann Niemann erlauben völlig neue Einsichten in diesen bislang nur wenig bekannten Teil der NS-Verbrechen. Beispielsweise konnte das Landeskriminalamt Baden-Württemberg auf einem dieser Fotos den ukrainischen Trawniki-Mann Iwan „John“ Demjanjuk identifizieren, der Jahrzehnte nach Kriegsende in aufsehenerregenden Prozessen angeklagt worden war.
Einleitend zeigte die Gedenkstätte ihren Film „Die andere Reise“ mit dem niederländischen Zeitzeugen Jules Schelvis, der unter anderem die Lager Sobibor und Vaihingen/Enz überlebte. In der Gesamtschau wurde deutlich, wie fruchtbar der genaue und differenzierte Blick auf die Täter sowohl für die Wissenschaft als auch für die Bildungsarbeit sein kann. Gleichzeitig betonte Cüppers jedoch auch klar die Bedeutung der Überlebenden und deren Zeugnisse, um die sich Gedenkstätten wie die in Vaihingen/Enz schwerpunktmäßig kümmern: Sie waren in der perversen Logik der Täter nicht vorgesehen.