Sommerferienprogramm 2017: Bunkererkundung – ein voller Erfolg
Am 05. August 2017 trafen sich 11 Schüler und 12 interessierte Erwachsene und Betreuer an der KZ- Gedenkstätte in Vaihingen/Enz. Sie nahmen am Sommerferienprogramm des Vereins zum Thema „Bunker und Neckar-Enz-Stellungen erkunden“ teil. Zunächst ging es zum Museumsbunker RO1 in Bissingen. Till Kiener vom „Geschichtsverein Bietigheim-Bissingen, Arbeitskreis Bunkerforschung“ informierte eingehend über diese Art von Bunker, die während des Zweiten Weltkrieges genutzt wurden.
Die Besucher füllten den Aufenthalts- und Schlafraum, dabei entsprach die Zahl der Teilnehmer in etwa der Mannschaftsstärke für diese Bunkergattung (21). So konnten die Jugendlichen die Enge und den fehlenden Komfort nachvollziehen. Dreistöckige Klappbetten ohne Matratzen, bei denen der unterste Schläfer Bodenberührung hatte, waren als Ruheort vorhanden. Dem Zugführer stand ein eigenes Schlafabteil zu.
Ein weiterer Bunkerraum, der besichtigt wurde, war der Kampfraum mit dem Schießtisch, an dem 5 Mann am Maschinengewehr (MG) beschäftigt waren: Neben dem MG Truppführer, der hinausspähte und dem Schützen den Befehl zum Feuern gab, schob ein weiterer Soldat die Patronengürtel ins Maschinengewehr. Ein vierter Soldat sorgte für die Füllung des Patronengürtels mit Munition. Ein fünfter Soldat musste für den Nachschub der Munition sorgen.
Die schlechte Luft im Bunker musste in kurzen Abständen durch den von Hand betriebenen Entlüfter ausgetauscht werden. Diese schweißtreibende Arbeit durften die Schüler selbst ausprobieren. Abschließend stellten sie anerkennend fest, wie gut dieser Schau-Bunker renoviert und um wie viele Einzelstücke er detailgetreu ergänzt worden war.
446 solcher Bunker gab es an den Stellungen entlang der Enz und des Neckars – vom westlichsten Ort, Enzweihingen, der am am Rand der entmilitarisierten 50 km-Zone östlich der französischen Grenze (= Bedingung im Versailler Vertrag) lag, bis nach Eberbach, nördlich von Heilbronn.
Von Bissingen ging es nach Sachsenheim zum ehemaligen Krankenlager für Ost-Arbeiterinnen an der Oberriexinger Straße. Edwin Drasdow, Forscher für unterirdische Anlagen und Mitglied des Vereins “Die Vaihinger Gesellschaft für Stadtgeschichte, Museumsarbeit und Kultur“ führte die Gruppe zur Abortgrube des ehemaligen Krankenlagers, deren 5 Betonumrandungen im hohen Gras versteckt unter Büschen kaum sichtbar waren. Vom ehemaligen Lager mit seinen Ausmaßen von 120×160 m ist heute nichts mehr zu sehen. Sieben Ärzte, unter ihnen der jüdische Arzt Dr. Levi, kümmerten sich um schwangere Ost-Arbeiterinnen. Sie betreuten Geburten, TBC-Kranke und Menschen mit inneren Krankheiten. Chirurgische Eingriffe wurden im Kreiskrankenhaus Bietigheim vorgenommen.
Nördlich vom Lager lag ein Flugplatz, der häufig von den Alliierten beschossen und dann von KZ-Häftlingen aus Unterriexingen ausgebessert wurde. So waren die Insassen des Krankenlagers ständig in Gefahr, weshalb man einen zickzackförmigen Splitterschutzgraben, der mit Beton abgedeckt war, zu den Landebahnen hin baute. Er ist an einer Stelle heute noch „begehbar“. Über eine dicke Plastikplane konnten die Interessierten hinabrutschen und landeten im unterirdischen Übergangsbereich zweier Gänge, der noch ein Stehen ermöglichte. Fast alle Jugendlichen wagten den Einstieg. Einer der Teilnehmer meinte „Rein ging es einfacher als raus!“
Am Sonntagfrüh ging es mit Roland Essig, der die Neckar-Enz-Stellungen erforscht, auf Erkundungsgang. Er zeigte den Jugendlichen die Bunkerlinie westlich Richtung Enzweihingen. Durch Sprengungen wurden 1945 Teile der Bunker zerstört. Am Waldrand des Pulverdinger Holzes lag der 1. Doppel-Schartenstand, d. h. Soldaten konnten von dort in zwei Richtungen feuern. Weiter ging es über das freie Feld zum ehemaligen Standort eines Drei-Scharten-Panzerturms, der auf der Höhe mit Blick auf Enzweihingen thronte. Heute ist der darunter liegende Bunker offen gelegt. Danach ging es an weiteren Stellungen entlang bis zu einer letzten im Gewann Rübholz.
In der KZ-Gedenkstätte fand abschließend die Nachbesprechung statt. Dabei kam es zu einem regen Austausch der Jugendlichen mit den Forschern. Insgesamt war die Resonanz auf das von Brigitta Isermeyer erstellte Programmangebot, bei dem die Jugendlichen einen weiteren Aspekt der lokalen Geschichte kennenlernen konnten, sehr positiv.