Auftaktveranstaltung im neuen Seminarraum am 1. März 2018
Gespräch in der Gedenkstätte mit der Zeitzeugin und Autorin Frau Wendelgard von Staden und Dr. Manfred Scheck über ihr Buch“ Nacht über dem Tal “ und die Reaktionen darauf.
Unsere Auftaktveranstaltung im neuen Seminarraum fand großen Anklang. Über 70 interessierte Zuhörer kamen um das Gespräch mit der Zeitzeugin Wendelgard von Staden zu verfolgen, darunter auch einige Schülerinnen und Schüler unserer Partnerschule, dem Friedrich-Abel-Gymnasium in Vaihingen/Enz. Bei dem Gespräch, das von unserem Historiker Dr. Manfred Scheck moderiert wurde, ging es darum, warum sie 1978 in den USA ihre Jugenderlebnisse auf dem elterlichen Hofgut in Kleinglattbach aufgeschrieben hat, diese dann ein Jahr später in Deutschland als Buch „Nacht über dem Tal“ erschienen sind und welche Reaktionen dieses Buch dann hervorrief. Heute ist es in vielen Sprachen und mehreren Auflagen erschienen. Immer noch ist es Lektüre in vielen Schulklassen. Es wurde ein Bestseller!
Anlass für ihre Aufzeichnungen waren unter anderem die ständigen Nachfragen von in den USA lebenden Bürgern, darunter auch viele ausgewanderte Juden, wie es in Deutschland in den letzten Jahren des II. Weltkrieges gewesen war. In den siebziger Jahren lebten die von Stadens einige Zeit in den USA, denn ihr Mann war damals in Washington der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland. Außerdem hatte sie jetzt eine zeitliche und auch räumliche Distanz, um sich diesen Ereignissen widmen zu können. Ursprünglich waren diese Aufzeichnungen nicht für eine Veröffentlichung in Buchform vorgesehen. Die Herausgeberin der Wochenzeitschrift „Die Zeit“, Marion Gräfin Dönhoff, die diese zu lesen bekam, ermunterte sie, diese zu veröffentlichen. Sie war sehr skeptisch, wie es dann wohl aufgenommen werden würde. Das Buch kam erstmals 1979 in Deutschland und kurze Zeit danach auch in den USA heraus.
Zur damaligen Zeit lief in den USA die Fernsehserie Holocaust und erstmals wurde dort eine breite Öffentlichkeit mit dem Thema Judenverfolgung und Judenvernichtung konfrontiert und aufgerüttelt. Dadurch wuchs auch das öffentliche Interesse an ihrem Buch. Darin schildert sie ausführlich die Erlebnisse, die sie und ihre Mutter mit Häftlingen des nahegelegen KZ Vaihingen hatten. Auf ihrem Hofgut konnte eine Gruppe von Häftlingen täglich „arbeiten“, da ihr Onkel von Neurath ein prominenter Nationalsozialist (u.a. Reichsaußenminister) war. Dank der Hilfe ihrer Mutter und ihr konnten viele dieser Häftlinge überleben. Nach Erscheinen dieses Buches in den USA organisierten Überlebende aus Vaihingen in New York ein Essen für sie, um damit ihre Dankbarkeit gegenüber ihrer Mutter und ihr zum Ausdruck zu bringen. Das hat sie tief beeindruckt. Auch in Deutschland wurde das Buch durchweg positiv aufgenommen. Zur Vorstellung des Buches kamen damals in Vaihingen/Enz 700 Bürger. Frau von Staden war überwältigt von dieser positiven Resonanz.
Zudem hat sie mit ihrem Buch aufgezeigt, dass es damals auch ein anderes Deutschland gab, so wurde in Rezensionen kommentiert. Bekannte Schriftsteller und Philosophen beglückwünschten sie für ihr eindrucksvolles, ehrliches Buch. Als sie wieder in Deutschland war, hat sie viele Schulklassen besucht, um mit ihnen über ihr Buch bzw. ihre Erfahrungen zu reden. Heute ist man froh darüber, dass sie ihre ursprünglich privaten Aufschriebe veröffentlicht hat und dadurch so viele Menschen weltweit für diesen schrecklichen, dunklen Teil unserer Geschichte sensibilisieren konnte.