Lesung im Seminarraum: Asbjørn Halvorsen – Fußballstar im Vaihinger Konzentrationslager

Jürgen Kowalewski aus Hamburg stellte am 18. November 2025 im gut besuchten Seminarraum der KZ-Gedenkstätte Vaihingen/Enz sein gerade erschienenes Buch „Ein HSV-Star in Widerstand und KZ“ über Asbjørn „Assi“ Halvorsen vor. Der 1898 in Sarpsborg geborene Norweger zählt zwar schon seit Jahren zu den bekannteren unter den ehemaligen Vaihinger KZ-Häftlingen, gleichwohl hat sich zuvor mit ihm noch niemand derart ausführlich beschäftigt wie der Lehrer aus der Hansestadt, ausgehend von einem groß angelegten Schulprojekt.

Kowalewski stellte schlaglichtartig einige wichtige Stationen aus dem Leben des Fußballers vor; ein „zu kurzes Leben“, so der Untertitel seiner gründlichen Biographie. Halvorsen war kurz nach Ende des ersten Weltkrieges als junger Angestellter einer Schiffsmaklerfirma und norwegischer Nationalspieler nach Hamburg gekommen, wo die Fußballszene rasch auf ihn aufmerksam wurde. Die 1920er Jahre sollten gemeinsam mit ihm eine ganz große Zeit des „Hamburger Sportvereins“ (HSV) werden, zwei Mal wurde man Norddeutscher Meister. Das so verhängsnisvolle Jahr 1933 bedeutete danach auch für Halvorsen persönlich eine Zäsur – allerdings wies Kowalewski mit plausiblen Argumenten die verbreitete These zurück, dass man in seiner Rückkehr in seine Heimat Norwegen zu diesem Zeitpunkt bereits einen Akt politischen Widerstands zu erblicken habe.

Kowalewski bei seinem lebendigen Vortrag

Zum eigentlichen Widerstand kam es vielmehr erst nach der Invasion der deutschen Wehrmacht in Norwegen 1940. Halvorsen, mittlerweile nicht mehr aktiver Spieler, sondern bereits Spitzenfunktionär des norwegischen Fußballs, engagierte sich an vorderster Stelle beim auch im internationalen Vergleich einzigartigen Boykott gegen den NS-Sport im besetzten Norwegen. So wurde die Gestapo auf ihn aufmerksam, verhaftete ihn im Sommer 1942, brachte ihn ins norwegische Lager Grini und deportierte ihn ein Jahr darauf als „Nacht-und-Nebel“-Häftling ins KZ-Stammlager Natzweiler. Dort lernte Halvorsen unter anderem auch seine Landsleute Dr. med. Leif Poulssen und den nachmaligen norwegischen Regierungschef Trygve Bratteli kennen. Bereits im Vogesen-Lager hatte Halvorsen erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten, noch bevor er über das Außenlager Neckarelz Anfang Januar 1945 in das sogenannte „Krankenlager“ Vaihingen/Enz überstellt wurde.

Hier war er zunächst von der SS als „Revierältester“ eingesetzt worden, bevor er wenig später vom wohl wesentlich robusteren gebürtigen Kölner Hanns Grosspeter abgelöst wurde.

Die Arbeit Kowalewskis gibt in diesem Zusammenhang Anlass, das Bild Grosspeters in Vaihingen neu zu durchdenken, das stark geprägt ist von dessen persönlicher Präsenz und seiner zunächst in der Lokalpresse unter dem Titel „Mit dem Rücken zur Wand“ publizierten Reihe von Erzählungen aus Zeitzeugensicht. Kowalewski urteilt im Buch scharf und spricht von „Grosspeters Tendenz, andere herabzusetzen, um die eigenen Leistungen umso heller strahlen zu lassen“. Wie viele seiner Leidensgenossen wurde auch Halvorsen im Februar 1945 von der grassierenden Fleckfieberepidemie erfasst und konnte nur knapp durch die berühmte Aktion der „weißen Busse“ des schwedischen Roten Kreuzes Anfang April über Hamburg-Neuengamme nach Skandinavien gerettet werden. Nie mehr erholte sich der ehemalige Spitzensportler und KZ-Häftling von den gesundheitlichen Schäden der Lagerzeit, die letztlich auch seinen Tod bereits im Jahr 1955 verursachten.

Die Diskussion nach dem überaus anschaulichen und lebendigen Vortrag kreiste vor allem um die Erinnerungskultur, auch und gerade im Umfeld des HSV. Erst spät und wenig engagiert würdigte man dort den ehemaligen erfolgreichen Mittelläufer. Auf Initiative Kowalewskis und seiner Schulklasse erinnert in Hamburg heute zudem ein Stolperstein an Halvorsen. In Vaihingen ist man nun auch auf dem allerneuesten Stand, was Asbjørn Halvorsen und die wenigen, aber bedeutenden norwegischen Häftlinge angeht: Die Erkenntnisse der verdienstvollen Publikation gehen sicher in die Gedenkstättenarbeit vor Ort ein! Damit war der Vortragsabend, den man vor allem einer Initiative der KZ-Gedenkstätte Neckarelz mit Dorothee Ross an der Spitze und deren Verbindungen zum Fußballumfeld der TSG Hoffenheim verdankte, für alle Beteiligten sehr ergiebig. Das Buch Kowalewskis, im Hamburger VSA-Verlag 2025 erschienen, ist für 19,80 Euro unter der ISBN 978-3-96488-202-8 im Buchhandel (und mit einigen Restexemplaren auch noch über die KZ-Gedenkstätte Vaihingen/Enz: info@gedenkstaette-vaihingen.de) erhältlich.