Nachruf: Leopold Paul Rosenkranz
Herr Rosenkranz ist 1922 in Radom /Polen als Sohn eines Rabbiners geboren und verbrachte dort die Jugend. In Radom lebten damals ca. 35000 Juden.
Nachdem 1939 die Deutschen Polen überfielen, wurde auch Radom besetzt und 1941 wurde die Stadt abgeriegelt und in ein Ghetto verwandelt. Ein Jahr später unternahm die SS eine erste Großrazzia, in deren Verlauf alle Kranken, Alten, Kinder ermordet wurden. Dabei und im weiteren Verlauf des Krieges verlor Herr Rosenkranz seine komplette Familie. Da er noch jung und arbeitsfähig war, konnte und musste er in einer Waffenfabrik für die Besatzer arbeiten. Im Juli 1944 wurden dann die letzten Juden aus Radom evakuiert.
Auf einem Todesmarsch und transportiert in Viehwagons über das KZ Auschwitz (Selektion) kam er mit 2786 anderen Juden aus Radom am 11.08.1944 in Vaihingen/Enz an.
Im dortigen neu errichteten KZ arbeitete er bis November 1944. Anschließend kam er ins KZ Unterriexingen. Am 7. April 1945 wurde er im KZ Vaihingen, in das er am Ende des Krieges wieder verlegt wurde, von der französischen Armee befreit.
Im Jahr 1946 lernte er in Stuttgart seine spätere Frau kennen – eine Deutsche. Mit ihr gründete er eine Familie. Er studierte nach dem Krieg u.a. Philosophie, Geschichte und Psychologie. Bis zu seinem 90. Geburtstag unterrichtete er an der Universität Tübingen Jiddisch (Sprache und Literatur). Für sein Engagement in der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg wurde er mit der Otto- Hirsch-Medaille der Landeshauptstadt Stuttgart ausgezeichnet. Er setzte sich auf verschiedenen Ebenen (Schulen/VHS/ Universität/Führungen Synagoge) dafür ein, Vorurteile gegenüber dem Judentum abzubauen.
Mehrmals war er bei den Gedenkfeiern unser Gast – zuletzt 2018. Besonders eindrucksvoll war 2005 die Begegnung mit Schülern des Friedrich-Abel- Gymnasiums Vaihingen/Enz. Dabei erzählte er ihnen, wie er 1943/44 10 Monate lang seinen damals 3-jährigen Neffen vor den Deutschen schützen konnte. Am Ende konnte er ihn in Auschwitz auf der Rampe nicht mehr retten. Er wurde ermordet. Sein Schlusswort an die Schüler war: Ihr sollt in die Zukunft schauen und versuchen nicht nur zu tolerieren, sondern verstehen, was das andere Du zu sagen hat und euch entsprechend verhalten.
So haben wir ihn immer auch als einen gütigen und verständnisvollen, aufmerksamen und mahnenden Menschen kennenlernen dürfen. Unser Vereinsmitglied Albrecht Wittmann wird auf der Beerdigung seinen Kindern und Enkeln unser Beileid aussprechen. Wir – die KZ-Gedenkstätte Vaihingen/Enz – werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.